Samstag, 18. März 2017

Drachen, Hobbits und nackte Tatsachen

Die Fahrt mit dem Fährboot war sehr ruhig und vielsagend. Wir fuhren durch den Sound hinaus aus Meer, so bot  sich mal wieder ein anderer Anblick aufs Land. Wir genossen die Fahrt und sind voller Erwartung auf die Nordinsel.
Die Ankunft war sehr stressig, denn es hat wieder einmal viel Verkehr und wir wollen nur noch zu unserem Schlafplatz. Dort angekommen erwartet uns eine Farm mit Camping, so dürfen wir ganz alleine den Ort beanspruchen. So mögen wir es doch am liebsten!!
Wir haben für den nächsten Tag wieder einmal etwas kulturelles ins Auge gefasst: Das Te Papa National Museum. Der Eintritt ist Gratis, jedoch die Parkplätze mit 18$ eher teuer. Wir verbringen über 4h im Museum und erfahren sehr viel über die Geschichte sowie Flora und Fauna Neuseelands, den ersten Weltkrieg und die Maori Kultur. So viele Erkenntnisse machen müde, sodass wir bald unseren Schlafplatz aussuchen. Es ist in einem „ Farm Forest Park“. Es hat Pferde, Schafe und Enten. Wir parkieren direkt neben dem Bach und füttern die sehr hungrigen Enten. Ich sehe plötzlich im Wasser was langes dunkles, oh ein Aal oder besser 6 Aale. Wir sind voll fasziniert von den Fischen welch den Enten am Bauch knabbern und uns ganz genau ins Visier nehmen. Am Abend höre ich vom Ranger, dass es weiter unten am Fluss „huge Eels“ gibt, er zeigte mit seinen Armen einen sehr grossen  Abstand an. Natürlich wollten wir uns dies nicht entgehen lassen. Bewaffnet mit Brot (der Ranger hat dies als Tipp vorgeschlagen) machen wir uns auf die Suche. In einer Flusskehre, dort wo das Wasser sich etwas ins Ufer gegraben hat, finden wir die Kerle. Und ja sie sind gigantisch und so viele. Das Interesse an unserem Brot war gering, dafür hatten die Enten Freude daran. Wir trauten uns sogar einen zu „streicheln“. Es fühlte sich sehr fest und fein an, also überhaupt nicht glitschig. Als das Brot verspeist war und die Aale uns erkundet hatten gingen sie zurück in Ihren Spalt.

Aussicht bei Ausfahrt aus dem Marlborough Sound in den Pazifik
3m hohe Nachbildung eines Offiziers des Krieges in Gallipoli (Te Papa Museum)


Die Fahrt führt uns weiter der Küste entlang, es ist ausgezeichnetes Wetter und wir beschliessen uns zu einem Camping direkt am Meer aufzumachen. Nach 120km erreichen wir den gesuchten Ort und sind mehr als zufrieden mit allem. Am Strandspaziergang finden wir viel Schwemmholz und Flurin hat sich eine kleine Bastelidee vorgenommen. Wir geniessen noch etwas die Sonne und lesen und machen uns bereit für den Sonnenuntergang am Meer. Nach sovielen Strandspaziergängen mit Wind hat mir Flurin einen Drachen gebastelt. (Aus vielen Gesprächen heraus haben wir gemerkt das ich noch nie einen Drachen steigen liess und so war das noch etwas was wir irgendwann mal machen wollten). So gingen wir zurück zum Strand und ich versuchte das Tier zum fliegen zu animieren. Es flog, und wie es flog! Es war einer der schönsten „Spaziergänge“ die wir bis jetzt am Strand machten. Danke!! Wir hatten beide sehr viel Spass und der Sonnenuntergang war fast vergessen, die letzten Strahlen sahen wir jedoch noch gold-rot auf das Wasser scheinen.


Die Wetteraussichten sind blendend, sodass wir uns in Richtung Tongariro machen. Diese Wanderung haben wir fest auf unserer ToDo-Liste und natürlich sollte es super Wetter sein. Wir gehen ins Info Center und erkunden uns über den Shuttle Service. Die Wanderung geht von A nach B und wir wollen das Auto nicht solange alleine lassen, aber alle Wertsachen auch nicht mitnehmen. So beschließen wir das Auto an Punkt B zu stellen und uns vom Bus nach Punkt A fahren zu lassen. Der Parkplatz wird überwacht, so beschließen wir diese Variante zu buchen.
Den mächtigen Berg welchen wir am nächsten Tag besteigen wollen sehen wir schon von weitem, jedoch muss dieser noch bis morgen warten. Wir erkunden ebenfalls etwas die Gegend um den Berg herum und suchen noch 2 Filmsets aus „Herr der Ringe“ auf. Es ist eine sehr schöne vulkanische, bildgewaltige Landschaft. Uns gefallen die Farben in den Felsen und die gewaltigen Berg- und Talformationen. Wir wollen früh ins Bett, so dass wir für morgen „kampfbereit“ sind. (In Yvonne`s Vorstellung wird es ein Kampf sein.)
Der Wecker bimmelt um 5:32 Uhr. Wir sind „ voll parat“. Das Frühstück ist schnell verspeist und die Fahrt durchs noch dunkle Land wird vorsichtig ausgeführt.  Wir wollen ja nicht nochmals einen Hasen verlieren.
Am Parkplatz angekommen sind wir nicht ganz die einzigen die auf den Busdriver warten und kaum wissen wohin mit dem Adrenalin. Die Fahrt geht 20 min und es ist fast Mucksmäuschenstill im vollen Bus. Kurz vor der Ankunft am Punkt A begrüsst uns der Fahrer auf Maori, und heisst uns im Namen seines Stammes auf Ihrem Grund und Boden Willkommen und wünscht uns viel Spass, aber auch Glück bei der Tageswanderung. Falls der Vulkan ausbrechen würde während unserer Wanderung, sollen wir uns klein hinkauern (Lick your own Ass), um den herumfliegenden, glühenden Steinen möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Netter Tipp vom Fahrer, der zum Glück höchstens einige Asiaten nervös macht.

Am Punkt A angekommen, spuckt der Bus seine Ladung freudig aus, da er noch viele andere Wanderer holen muss. Wir lassen die mit Sandalen und kurzen Sporthöschen bewaffneten jungen, vorwiegend deutschen Backpacker gerne vorne ins Feld. Der erste Streckenabschnitt ist relativ eben, und über die Geröllfelder führen schöne Holzstege. Bald sehen wir die aktive Erde von nahem, es dampft immer wieder mal, riecht leicht nach Schwefel und das Gestein wird immer farbiger. Dann kommt die Devils Ladder, die Leiter des Bösen. Klingt aber schlimmer als es wirklich ist. Steil, viele Treppenstufen, jedoch sonst gut machbar. Unser Puls schiesst heute zum ersten mal durch die Decke, doch die Aussicht von oben entschädigt das wieder.

Mt. Ngauruhohe, da wollen wir hoch 

Schon etwas näher, aber das Geröllfeld wird langsam sichtbar
Wenn wir uns jetzt umdrehen, sehen wir nicht etwa eine Ebene und den Abstieg vor uns, nein, wir starren an den nächsten Berg. Der Mt. Ngauruhohe (Schicksalsberg oder Mt. Doom in Herr der Ringe) erwartet uns. Dieser gehört nicht zum eigentlichen Tongariro Alpine Crossing, da er aber auf der Route liegt, besteigen wir den Hügel doch auch noch rasch. Diese Annahme erweist sich als falsch! Wir geben uns selber 3h, um raufzuklettern und wieder herunterzurutschen. Es gibt keinen Weg auf den Mt. Doom, man darf sich selbst den „angenehmsten“ aussuchen. Macht jedoch keinen grossen Unterschied wo man beginnt, denn die Neigung von ca. 45° in Verbindung mit Sand und losem Geröll lässt einen nach folgender Regel aufsteigen: 2 Schritte vorwärts, 1.68 Schritte zurück. So dauert das ganze Spiel doch länger als geplant, und ist zudem auch extrem viel anstrengender als es von unten Aussieht. Doch wir stemmen unserem Schicksal alles entgegen, und auf dem ersten Plateau angekommen sind wir zufrieden und geniessen die Aussicht und essen eine Kleinigkeit. Für den Weg nach unten nehmen wir nochmal unseren ganzen Mut zusammen, denn jetzt gibt es nur eine Regel: Nicht stürzen. Wer’s langsam mag, macht kleine  Schrittchen und rutscht etwas auf dem Geröll herum. Die anderen „surfen“ auf der Sand-Geröll-Welle-Lawine etliche Meter, um dann mit grossen Schritten die Nächste anzusurfen. Und natürlich gibt es da noch die Sandalenfraktion, welche ohne viel Fluchen tapfer durch’s scharfkantige Geröll stapft. Ein kleines Grinsen können wir uns ob der „guten Vorbereitung“ vieler, vorallem jüngeren unerfahrenen oder beratungsresistenten Backpacker dann doch nicht verkneifen. Es wäre ja nicht so, dass einem in jeder Broschüre und Werbung für das Tongariro Alpine Crossing (der Name sagt ja schon alles) brav aufgezählt wird, was man anziehen und/oder mitnehmen soll.

Neigung am Anfang des Geröllfeldes
Geschafft und geschafft! Im Hintergrund der Mt. Tongariro
Aussicht zum Blue Lake, und unser Weg dahin
Abgesehen von einer fiesen, aber zum Glück eher kurzen Steigung ist der Rest der Wanderung (16km) körperlich nicht mehr so anstrengend. Dafür sehen wir wunderschöne blaue Seen, rote Krater und gelbe Solfatare. Die ganze Farbenpracht eines Vulkanes eben. Der lange Abstieg macht sich dann doch langsam bemerkbar in den Knien, und so sind wir sehr froh als wir nach 19.7 km (plus Weg und Höhendifferenz Mt. Doom) den Parkplatz erreichen.

Von hier sieht's nicht so streng aus
All die Leute hier stören im Bild :-)

Red Crater vorne, Mt. Ngauruhohe hinten
Die Dusche am Abend gehört mit zum schönsten was wir in diesen Tagen erlebt haben. Erschöpft aber zufrieden fallen wir ins Bett und schlafen bald ein.

Waschen und trocknen nach dem durchschwitzen
Da wir nun unsere grosse Herausforderung gemeistert haben, gönnen wir uns einen ruhigen Tag in Taupo, und steuern nach einem Besuch der Huka-Falls früh das Freecamp in der Nähe an. Da immer noch schönes Sommerwetter herrscht, steht einem erfrischenden Bad im Fluss nichts entgegen. Nur nicht zu weit runterschwimmen, denn die Huka-Falls ziehen kräftig. Das Wasser ist glasklar, und auch das Seil zum reinschwingen fehlt nicht. Ein schöner Badenachmittag. Nach einer ruhigen Nacht machen wir einen morgendlichen Schnorchelausflug im Fluss, entdecken jedoch nicht sehr viel, geniessen aber einfach so die gute Sicht.

Hukafalls

Nächstes Fernziel ist Rotorua, ein geothermaler Hotspot. So dampft und riecht es immer mehr, je näher wir uns an der stinkenden Stadt befinden. Unterwegs schauen wir uns die Mud-Pools an, welche wir schon von Island kennen, und nehmen ein Bad im Twinstream. Zwei Bäche, einer dampfend heiss, der andere mit Zimmertemperatur, mischen sich in einem Y-förmigen Becken. Die richtige Temperatur findet jeder für sich selbst nach längerer oder kürzerer Suche.

Abgestorbene Bäumchen im heissen Schlamm
Es dampft rund um Rotorua
Über bookme.co.nz haben wir einen Deal für etwas lustiges gefunden: H2Ogo. Man lässt sich mit 50 l warmem Wasser in einen 3 Meter durchmessenden PVC-Ball sperren, um darin 250 Meter eine Wiese herunterzurollen. Klingt absurd und lustig zugleich, was es ja auch ist. Doch als wir dann jeder in seinem Ogo drin stehen und starten sollen, wird uns doch kurz mulmig. Aber es macht Spass und ist wirklich harmlos. Nach dem morgendlichen Adrenalinkick begeben wir uns zurück nach Rotorua und spazieren durch den Stadtpark mit all seinen blubbernden, dampfenden und stinkenden Pools und Bächen. Zum Abschluss besuchen wir das Ciabatta Café & Bakery. Chef ist ein Schweizer, und das Angebot liess uns lange grübeln auf was wir denn am meisten Lust haben. Nussgipfel und Laugenbretzel haben wir seit über einem halben Jahr nicht mehr gegessen, und diese hier sind himmlisch! Also wer je in der Gegend ist und kulinarisches Heimweh hat, weiss wo er hin muss.

Nach diesem erlebnisreichen Tag fahren wir mit etwas Regen zu einem relativ neuen Übernachtungsangebot. Ein junges Paar, welches sich ein grosses Farmgrundstück gekauft hat, bietet einen kleinen Campground darauf an. Mit selbstgebauter Dusche, WC, Küche und den lustigen Schweinen MotherPig und deren Sohn, Bacon. Bacon wird in naher Zukunft seinem Namen alle Ehre machen, und MotherPig dann Bacon2 zur Welt bringen.

Da das Wetter am nächsten Tag nicht bombastisch ist, fahren wir nach Tauranga in die Library, buchen unsere Tour für Hobbiton und suchen eine Bleibe für die Nacht. Unsere Aufmerksamkeit wird von einem Campground nicht all zu weit weg geweckt. Dann sehen wir, dass es sich um einen Naturist-Park handelt. Klingt auf Englisch schon mal angenehmer als das deutsche FKK. Wir schauen uns das auf der Webseite genauer an, und sind eigentlich gar nicht abgeneigt. Zumal auch der Preis für das was geboten wird, in der Umgebung durchaus wettbewerbstauglich ist. Also, wieder einmal etwas zum 1. Mal. Naturisten aufgepasst, wir kommen. Der Empfang an der Rezeption ist herzlich, und wir werden sofort auf die speziellen „Hausregeln“ aufmerksam gemacht. Wir erklären, dass dies uns bewusst und so ausgesucht ist, und bekommen brav einen Platz. Den Nachmittag verbringen wir schwimmend im Pool, Minigolf spielend auf der Wiese, Billard spielend im Aufenthaltsraum und entspannt im heissen Whirlpool. Nebenbei führen wir gute Gespräche mit verschiedenen Leuten, lerne neue Freunde aus Kanada kennen und geniessen das Leben. Natürlich alles im Adam- und Eva-Kostüm. Eine spezielle, aber schöne Erfahrung. Hier kommen wir wieder hin wenn wir mal in der Gegend sind. Den folgenden Morgen starten wir im Pool und frühstücken dann, um uns danach in die bereits fremdgewordenen Textilien zu hüllen, und zurück in die Gesellschaft zu finden.

Da heute das Wetter wieder mitspielt, fahren wir zurück nach Tauranga, um den Mt. Maunganui zu erklimmen. Bei dem schönen aber schwülen Wetter eine leicht schweisstreibende Aktivität. Nach dem Sportteil kommt die Kultur, und so suchen und finden wir das historische Dorf von Tauranga. Eine hübsche kleine Häuseransammlung, mit gepflasterten Strassen und ein paar Läden und Ateliers. Wir machen einen Halt im Shop des lokalen Gemmologenvereins und sehen uns all die Mineralien und Edelsteine an. Da Yvonne bekanntlich ein Stein-Fan ist, darf sich auch jeder etwas aussuchen. (exkl. Diamanten usw.) Nun ist es Zeit für den Weg in die Nähe von Hobbiton. Auf der Fahrt bemerken wir die sich verändernde Landschaft, es wird grüner und hügelig. Bei Brocks Place angekommen, stellen wir unser mobiles Zuhause auf eine möglichst ebene Fläche und erkunden die Umgebung auf der Farm. Wir ergattern Freilandeier, dürfen Zitronen von Brocks Baum pflücken und bekommen frische Passionsfrüchte geschenkt. Der Sonnenuntergang taucht die Hügel in goldenes Licht und wir verabschieden uns ins Land der Träume.

Endlich klingelt uns wieder einmal der Wecker aus dem Schlaf. Heute gehen wir nach Hobbiton und schauen uns das Filmset von Herr der Ringe an. Es ist sehr neblig, und wir hoffen auf baldige Erlösung in Form kräftiger Sonnenstrahlen. Ein grosser Bus bringt alle Teilnehmer vom Visitorcenter zum Gelände wo das Filmset sich befindet. Von momentan 45 Hobbit-Löchern sind 2 begehbar, und nur das grosse von Bilbo Beutlin ist auf den ersten Metern möbiliert. Alles was im Film in den Hobbitlöchern geschieht, wurde im Studio gedreht. Doch der Rest ist echt. Die Blumen, Gemüsegärten und Bäume sind alle echt und werden täglich von 6 Gärtnern gepflegt. Man wartet nur darauf, hinter der nächsten Wegbiegung einen Hobbit anzutreffen. Nach dem Spaziergang durch das Dörfchen gehen wir über die Brücke zum Green Dragon, Hobbitons Pub. Ein Getränk pro Teilnehmer ist inklsive, so gibt es morgens um halb 10 ein Stout, wie ein echter Hobbit eben. Nach dem Green Dragon ist die Tour bald vorbei, und der Bus bringt uns zurück zum Parkplatz in die echte Welt. Es war sehr interessant und auch schön, in Hobbiton einzutauchen.

Der Morgennebel gibt langsam den Gemüsegarten frei 
einen Hobbit haben wir gesehen
Wer kennt es? 





Nun machen wir uns auf den Weg zur Cormandel Halbinsel. Unterwegs nächtigen wir auf einem Freecamp neben einer Bibliothek, geniessen die Rundsicht vom Mt. Paku (179 m.ü.M.) und fahren zum Hot Water Beach. Ein kurioses Schauspiel was sich das jeweils 2h vor und nach Ebbe darbietet: An einem Strandabschnitt von ca. 200m fliesst heisses Wasser ins Meer. Bei tiefem Wasserstand kann im Sand ein Loch gebuddelt werden, worin sich heisses und kaltes Wasser mischen zu einem angenehmen HotPool. Durch einfaches Damm bauen oder entfernen kann heisses Wasser hinzugefügt oder umgeleitet werden. Und so wird der gesamte Strandabschnitt mindestens einmal pro Tag von unzähligen mit Spaten bewaffneten Touristen und Einheimischen umgegraben. Auch wir haben gebuddelt bis wir Blasen an den Händen hatten, doch es war lustig, antrengend und auch entspannend – solange der Sandpool dem fliessenden heissen Wasser und den kalten Wellen standhielt.



Der Hot Water Beach war das eine Hauptziel auf der Coromandel, das andere ist der Besuch einer Freundin in Coromandel Town. Unterwegs dahin statten wir der Cathedral Cove einen Besuch ab und nächtigen einmal bei Earl’s Paradise, ein kleiner, selbstgebastelter Campground auf einem Hügel am Meer. Dann treffen wir endlich in Coro Town ein. Tina begrüsst uns herzlich und verwöhnt uns von vorne bis hinten. Wir schalten zwei Tage ab und geniessen das nichtstun sowie das Arbeiten. Wir helfen beim Bau einer Gartenmauer und mähen den Rasen. Arbeit ist doch so schön. Auch den Besuch von Coromandels Touristenattraktion, der Driving Creek Railway, lassen wir uns nicht entgehen. Ein Aussteiger, der vom Töpfern leben wollte und auch konnte, hat sich eine Schmalspureisenbahn gebaut, um den Lehm aus dem Hügel zur Töpferei zu bringen. Eines Tages kam die Bank und sagte ihm, er sei im Zahlungsverzug. Er solle für 5$ pro Nase Touristen mitnehmen, und sich so finanzieren. Verlangt, getan. Heute ist die Bahn 3km lang, überwindet auf 4 Kehrtwendungen 100 Höhenmeter und führt durch 3 Tunnel und 9 Brücken. Wahrlich ein Kunstwerk, zumal entlang der Bahn durch den Regenwald überall Skulpturen stehen, und die Tunnelportale schön verziert sind.



Da das Wetter für die folgenden Tage eher schlecht wird, und unsere Neuseelandzeit sich unaufhaltsam dem Ende nähert, beschliessen wir am dritten Tag, Coromandel zu verlassen. Im Nachhinein wird sich zeigen, dass dies ein guter Zug war. Reich beschenkt mit Gewürzen verlassen wir die Oase der Erholung und fahren durch Auckland bis nach Waipu. Vor Auckland beginnt der vorhergesagte Regen, welcher für die nächsten 4 Tage das Leben auf Neuseelands Nordinsel bestimmen wird. Wären wir nur einen halben Tag später von Coromandel Town los, wären wir nicht weit gekommen. Die Überflutungen und Erdrutsche haben den nördlichen Teil der Halbinsel für 2 Tage abgschnitten. Auch sonst sehen wir viel überflutete Weiden, reissende Flüsse und immer wieder einspurige Strassenabschnitte, wo der halbe Hügel auf der anderen Fahrbahn liegt. Wir sind froh hat uns nichts davon erwischt, wir hatten einfach 4 schweinisch nasse Tage. Doch zurück zum Drehbuch: Am Ankunftstag in Waipu sind wir zu den Waipu Caves, um wieder einmal Glühwürmchen zu bestaunen. Dies ist uns zum Glück auch gelungen.

mit genügend Wasser wachsen auch die Haare wieder
Aussicht vom Mt. Paku

Blick zur Decke in den Waipu-Caves
Da sich am folgenden Tag eine kurze Wetterberuhigung ankündigt, fahren wir nach Whangarei und besuchen die Mermaidpools. Wiedermal genau richtig gemacht. Wir sind bei Lowtide an den Pools und können das klare Wasser bei einem Bad geniessen, während auf der anderen Seite der Felsen die stürmische See wütet. Auf dem Rückweg beginnt der Regen wieder, und der Abstieg auf dem lehmigen Hügel wird zur Rutschpartie. Da diese jedoch unerwartet spassig ist, Rutsche ich gleich dreimal.
Wir fahren zurück nach Waipu und verbringen eine weitere Regennacht.

Mit frischen Lebensmitteln ausgerüstet und mit Frühstück im Bauch verlassen wir Waipu in strömendem Regen. Doch kurz nach dem Dorf gibt das Radio einen dumpfen Knall von sich, und diverse Warnleuchten im Armaturenbrett gehen an. Hmmm, was nun? An den Rand fahren und mal checken, ob noch alles läuft. Komischerweise verschwinden die Warnlämpchen wenn ich das Licht ausschalte....
Der Trick mit aus- und wieder einschalten sollte doch auch beim Auto klappen. Motor aus, und wieder an – oder eben nicht. Da wir uns sicher sind, dass die Batterie nicht leer sein kann, rufen wir beim Pannendienst an. Der kommt dann auch bald und bestätigt meine erste Vermutung, Alternator kaputt. Wir werden abgeschleppt, und nach Authorisierung  durch den Vermieter darf der Mechaniker das Ersatzteil bestellen und am nächsten Morgen einbauen. So verbringen wir die Nacht in einer „Cabin“, ein kleines 1-Zimmerhüttchen mit Bett und Kühlschrank, auf einem nahegelegenen Campingplatz.

Regen, Regen und nochmals Regen, passt zum Gefühl beim Abschleppen
Da es aber sowieso durchgehend weiterregnet, sind wir gar nicht böse über die Abwechslung, und auch der doch kurze Unterbruch der Reise ist eigentlich kein Problem, da ausser Fahren und Schlafen doch nicht viel auf dem Programm stand.

Wir suchen uns günstige, kleine privat betriebene Schlafplätze aus auf unserem Weg in den Norden. Für die Reisevorbereitung nach Kanada legen wir noch einen Bibliothekstag ein und besuchen in Kawakawa das Hundertwasser-WC. Als wir uns dann auf dem nördlichsten Inselteil befinden, bessert sich das Wetter langsam, und wir finden einen hübschen Campground direkt am 90-Mile Beach. Auf unserem Strandspaziergang schauen wir zu, wie ein älteres Ehepaar Muscheln sucht. Einfach mit der Hand 10-15 cm tief im Sand buddeln, und die erfühlten Muscheln rausziehen. Das Sammeln macht Spass, doch wir mögen Seafood nicht besonders und überlassen das erreichen des Tageslimits von 150 Tuatua’s pro Person den anderen. Nach einer stürmischen Nacht fahren wir hoch zum Cape Reinga. Die Maori glauben, dass dort die Seelen der verstorbenen in eine andere Welt übergehen, und der Pazifik trifft auf die Tasmanische See. Ein spezieller Anblick. Es sind eigentlich nur Wellen, und doch sieht man auch eine Strömung und einen leichten Farbunterschied.


Nach diesem grandiosen Anblick verlassen wir das Cape wieder und fahren in den Süden, da für unsere letzten 5 Tage wieder gutes Wetter angesagt ist. Eigentlich wollten wir bei einem Hostel auf dem Carpark übernachten. Da diese jedoch nicht über die nötige Lizenz verfügen, ziehen wir weiter. Doch auch die Restarea in einem Tal ist von den Wassermassen etwas mitgenommen, und so suchen wir uns eine andere Möglichkeit. Ein kleines Seitental, ganz ruhig und idyllisch, wo ein Ehepaar liebevoll ein kleines Camping aufgebaut hat. WC, Dusche, Küche, Kühe und Freilandhühner. Es hat Platz für ca. 5 Autos, dann ist voll. Klein aber fein. Als wir dann am Morgen von 5 Welpen überrannt werden, ist der Platz sowieso unser momentaner Hit.

beinahe wurde er mitgenommen
Nach einem letzten feuchten Liebesbeweis der kleinen Racker machen wir uns los und besuchen die Koutu Boulders. Das sind Verwandte von den Moeraki Boulders, nur weniger berühmt. Da der Regen der letzten Tage hier den Wasserspiegel einer Lagune noch erhöht zurücklässt, waten wir bis zum ersten Felsen. Die vielen faustgrossen, farbigen Steine unterwegs dahin bedürfen einer näheren Betrachtung, als wir feststellen dass dies von Regen und Wellen glattgespülte Lehmbrocken sind. Ein wunderbares Gefühl, wenn beim draufstehen der Lehm zwischen den Zehen hochquillt. Dann sind wir beim ersten runden Koutu Boulder. Wie bei den Moerakis ein eindrückliches Bild, fast wie eine Betonkugel, nur halt natürlich entstanden.
Nach dem Ausflug ins Wasser führt uns unser Weg zu ein paar riesigen, uralten Kauri-Bäumen. Unterwegs treffen wir auf wilde Schweine (2 Weibchen und 12 Junge) die gemütlich am Strassenrand grasen und immer wieder sehen wir wilde Truthähne in den Wiesen umherstolzieren. Bei den Kauris angekommen, steht beim Eingang eine Hygienestation, um die Schuhe zu reinigen. Dies soll die Verbreitung einer Krankheit, welche nur die Kauris angreift, verhindern. Nach dem wir unsere FlipFlops und Füsse gereinigt haben, dürfen wir in den Wald. Nach 5 Minuten sehen wir den Riesen. Tane Mahuta, der Gott des Waldes, ein über 2000 Jahre alter Kauri, 51.2 m hoch und 4.4 m dick. Wir sind überwältigt. Als wir später einen jüngeren Kauri am Wegrand anfassen können, fühlt sich die Rinde steinhart an. Ein interessanter Baum. Unser Schlafplatz ist der Trounson Kauri Park, eine geschützte Zone, wo wir abends einen Nachtspaziergang machen um die dort lebenden Kiwis zu sehen, aber leider hören wir zwar deren Rufe, bekommen aber keinen zu Gesicht. Wir fallen zufrieden ins Bett.

Koutu Boulders



Tane Mahuta
Die Sonne weckt uns, sehr angenehm so aufzuwachen. Wir frühstücken gemütlich und begeben uns in die nahegelegene Nelson Kauri Gallery. Nelson macht aus dem Holz der Superbäume Tische und Gebrauchsgegenstände. Da die Kauris jedoch unter Schutz stehen, dürfen keine mehr gefällt werden. Da die Bäume jedoch im Regenwald und Sumpfgebiet wachsen, hat Nelson einfach in den Sumpfgegenden nach „Swamp-Kauri“ gesucht. So macht er nun seine Holzarbeiten mit bis zu 45'000 Jahre alten, im Sumpf konservierten Kauris. Nebst fertigen luxuriös grossen Tischen und kleinen Schnitzereien gibt es auch Slabs, sogenannte Klotzbretter aus Kauri zu kaufen. Sogar zu einem annehmbaren Preis – nur ins Handgepäck passt unser neuer Tisch leider nicht. So können wir uns nicht entscheiden ob wir etwas Holz als Souvenir mitnehmen wollen oder nicht. Auch wenn es sehr verlockend wäre, seinem Tisch die Erlebnisse aus den vergangenen 45'000 Jahren zu entlocken während dem Abendessen. In einem späteren Beitrag erfährt der geneigte Leser dann zu was wir uns entscheiden.

Der Tisch soll läppische 16'000 NZD kosten...
Um unsere Köpfe wieder freizubekommen fahren wir zu den Kai Iwi Lakes. Süsswasserseen, doch wer das nicht weiss, fühlt sich wie in Thailand am Traumstrand. Kristallklares Wasser und weisse Strände, nur ist das Wasserschlucken beim Tauchen nicht so unangenehm salzig. Trotz eines kurzen Regenschauers nehmen wir ein Bad und geniessen die Ruhe. Nach den vielen Erlebnissen ist es schon wieder Zeit, ein Nachtlager zu suchen. Wir finden nach längerem wieder einmal ein Freecamp. Neben einer wenig befahrenen Provinzstrasse darf man auf dem Parkplatz stehen und die WC’s des benachbarten Rugbyklubs benutzen. Wir kommen mit unseren jungen deutschen Nachbarn ins Gespräch und dürfen all die Fragen stellen, die uns so beschäftigen unterwegs beim philosophieren mit was für Budgets und Vorbereitungen die Abiturienten nach Neuseeland kommen für 1 Jahr Work & Travel. Der helle Vollmond beschert uns einen nächtlichen Regenbogen, was für ein Spektakel!

Kai Iwi Lake nach dem Regen
nächtlicher Regenbogen bei Vollmond
Als uns dann die Sonne wieder weckt, beginnt für uns der letzte reisende Tag in Neuseeland. Wir statten dem Marine Reserve um Goat Island herum einen Besuch ab. Die meisten anderen Anwesenden haben eine Schnorcheltour bei einem Anbieter gebucht und sind schön mit Neopren ausgerüstet. Doch soooo kalt ist das Meer hier zum Glück nicht, und so geniessen wir beinahe 1 Stunde die Unterwasserwelt und sehen wieder einmal einen Eagleray unter uns durchfliegen. Nach ein wenig aufwärmen und sonnenbaden steuern wir unseren letzten Campground vor Auckland an. Es ist ein kleiner Stellplatz am Meer, und wir räumen dort das Auto aus, putzen alles und beginnen unsere Sachen einzupacken.

Snapper vor Goat Island
Egale Ray

noch grösserer Snapper
Nun haben wir noch unseren Grossstadt-Tag vor uns. Wir manövrieren uns geschickt durch das Strassenlabyrinth zu einer Tankstelle mit Carwash, um auch die Aussenseite ansprechend herzurichten. Dann führt uns der Weg zur Westhaven Marina, angeblich der grösste Bootshafen auf der Südhalbkugel. Auf dem Parkplatz dort darf man im Camper übernachten mit einem Parkticket. So stellen wir unser Auto dort ab und erkunden für einen Nachmittag Aucklands Zentrum und Hafen.
Nach dem vielen schlendern sind wir müde und kehren zum Auto zurück. Nach einer Dose Ravioli zum Znacht schlafen wir bald ein und „erholen“ uns das letzte Mal in unserer Sardinenbüchse.

Giapo Haute Glace in Auckland - schweinisch teuer aber saugut!
So, der Grosskampftag naht. Zuerst suchen wir das Zuhause von Norma und Familie, wo wir via Airbnb eine Nacht bleiben werden. Endlich angekommen, staunen wir über die hübsche Lage und das grosse Haus. Es hat uns in die „Desperate Housewives“-Gegend verschlagen. Nicht schlecht. Kurz die Rucksäcke deponiert, dann suchen wir die Adresse wo wir das Auto zurückgeben sollen. Die Rückgabe dauert ca. 5 Minuten, und wir haben viel zu gut geputzt und einsortiert. Doch als Schweizer hinterlassen wir natürlich stets einen guten Eindruck J. Dann fahren wir mit dem Bus zurück zu Norma und waschen Wäsche, sortieren das Gepäck und relaxen etwas. Am späteren Abend leihen wir uns die Fahrräder der Familie aus und besuchen den Auckland Night Market. Gleich vorneweg, wer mal in Auckland ist, sollte sich den nicht entgehen lassen. Im Parkhaus eines Einkaufzentrum wird ca. die Hälfte der Parkplätze gesperrt ab 16.00 Uhr, und dann wächst ein Markt aus dem Nichts. Es wird alles angeboten, Flohmarktsachen ebenso wie Sonnebrillen, Parfums und Spielzeug....Der grösste Teil jedoch besteht aus Verpflegungsständen, oder schon eher Strassenküchen. Wir fühlen uns etwas wie in den äusseren Bezirken Singapurs, es reihen sich asiatische Garküchen an Churrostände und Kebabgrilleure. Ein Festmahl, und wir zählen uns den ca. 10% Nicht-Kiwis an dem Markt. Durch die Nacht mit dem Fahrrad zurück, 6 km durch die Grossstadt, auch ein Erlebnis für sich. Zufrieden, satt und erschöpft schlafen wir ein.

Im grossen und ganzen hat uns Neuseeland trotz anfänglicher Zweifel sehr gut gefallen.
Das Wetter ist wechselhaft und die Landschaft wild, aber das gefällt uns eigentlich. Wir sind nur auf herzliche, aufgeschlossene Menschen gestossen und haben uns wohl gefühlt.

Heute, Samstag 18.03.2017 um 20.10 Local Time fliegen wir los nach Vancouver, um dort am Samstag 18.03.2017 um 13.10 Local Time anzukommen, wir fliegen also von der Zukunft in die Vergangenheit – schräg.

next Stop - Vancouver



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